Eine weit verbreitete Meinung ist, dass Startups agile Unternehmen sind. Was ist an dieser Meinung dran? Oder hat diese Einschätzung nur mit Merkmalen von Startups zu tun, die denen einer agilen Organisation ähneln? 

Um diese Fragen zu beantworten, schauen wir uns die im letzten Beitrag genannten vier Hauptmerkmale einer agilen Organisation nochmal an.

Vier Hauptkriterien für agile Organisation: Zukunftsorientierung, wesentliche Stärken, ständiger Austausch mit der Umwelt und agile Führung.
  1. Extreme Zukunftsorientierung
    Ein Startup ist wohl immer sehr zukunftsorientiert. Es hat ja typischerweise keine Vergangenheit. In einer neuen Geschäftsidee steckt eine Menge Hoffnung und sicherlich auch Ungewissheit, „wie sich das Ganze entwickelt“. Also steht die Zukunft stark im Fokus. Ähnliches gilt in den meisten Fällen für die Kundenfokussierung. Schließlich hängt der Erfolg des Startups vor allem von den ersten Kunden ab.

  2. Besondere Stärken
    So lange eine Startup Firma nur wenige Personen umfasst, die sich häufig auch schon länger kennen, ist der Umgang miteinander eher unkompliziert und sehr offen. Das sind wichtige Stärken. Was aber ist mit Querdenkertum, vielfältiger Erfahrung und den anderen Stärken einer agilen Organisation? Siehe auch obiges Schaubild.

  3. Ständiger Austausch mit der Umwelt
    Hier gibt es wohl größere Unterschiede zwischen einzelnen Startups. Zumindest habe ich mehrere Startups kennengelernt, die diesem Aspekt relativ wenig Beachtung geschenkt haben. Stattdessen wird häufig (zu) viel Zeit und Engagement auf den internen Austausch verwandt – bei mangelnder Ergebnisorientierung. Aber gerade der intensive Austausch mit allen möglichen Marktteilnehmern, persönlich und über das Netz, ist ein wichtiges Element einer agilen Organisation. 

  4. Agile Führung
    Vieles geschieht bei Startups auf Zuruf. Meistens schon begünstigt durch die räumliche Konstellation. Alle bekommen quasi automatisch mit, was die anderen gerade machen oder vorhaben. Solange es mit dem „Projekt“ voran geht, sitzt das Startup-Team „in einem Boot“ und verhält sich meistens auch so. Diese Art der Kommunikation und Zusammenarbeit kann andererseits aber auch ein Nachteil sein. Formale Strukturen sind in einem Startup nämlich eher die Ausnahme. Vor allem, wenn es außer den Gründern noch keine weiteren Mitarbeiter gibt.  Mit der Folge, dass immer wieder viel mehr als nötig oder förderlich diskutiert wird. Ähnlich wie in einer wenig strukturierten und mangelhaft organisierten Besprechung. 


Wenn wir die obigen vier Kriterien zugrunde legen, sind Startups, eher selten, bewusst agil organisiert und geführt. Aber aufgrund der erst vor kurzem stattgefundenen Gründung, der gemeinsamen Begeisterung für die Geschäftsidee und deren Umsetzung und des noch kleinen Teams ähneln Arbeitsweise und Verhalten von Startups in vielem einer agilen Organisation. Und so nutzen Startups, wie gesagt: meistens unbewusst, die für sie fast immer vorteilhafte agile Organisationsform.

Eine agile Organisation und agile Führung fallen einem Unternehmen aber nicht einfach zu. Ohne sich gezielt an den Prinzipien einer agilen Organisation auszurichten und geeignete Methoden zu praktizieren, wird es schwierig werden. 

Wie viel von ihrer Arbeitsweise und Ihrem Verhalten werden Startups beibehalten, wenn sie wachsen oder wenn es mal nicht so gut läuft oder sie gar in Schwierigkeiten geraten? 

Spätestens jetzt sind die entscheidenden Fragen an ein Startup-Team: 

  • Wie sehr WOLLEN sie eine agile Organisation sein und sich an den entsprechenden Kriterien orientieren? 
  • Sind die Eigentümer, die ja meistens auch das Unternehmen leiten, in der Lage, „agil zu führen“?
  • Sind sie bereit, ein für sie passendes Methodenframework aufzubauen und zu praktizieren?

Mit jedem Monat, in dem sich ein Startup nicht bewusst für eine agile Organisationsform entscheidet, ähnelt es mehr einem schon länger bestehenden Unternehmen. Und teilt zunehmend dessen Schwierigkeiten, wenn es darum geht, ein agiles Unternehmen zu werden. 

Aber dazu im nächsten Beitrag mehr.

Ludger Grevenkamp
18. Januar 2019

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